Goju Ryu meets Shotokan 10.07.2011

Zusammengerechnet 13 Dangrade der Referenten zogen viele Schwarz-, Braun- und Farbgurte zu dem von dem Goju Ryu Karate Do Dojo FC Dechsendorf e. V. und dem Shotokan Dojo SGS Erlangen gemeinsam ausgerichteten Lehrgang. Die beiden Referenten Hanshi Fritz Nöpel, 9. Dan, und Torsten Struwe, 4. Dan, einten nicht nur Karateka aus Goju Ryu und Shotokan, darunter viele hohe Danträger, sondern auch viele Vertreter aus Uechi Ryu, Kempo usw. von nah und fern ähnlich eines Stützpunkttrainings. Das machte die besondere Lern-Atmosphäre dieses Kampfkunst-Lehrgangs aus.

Impressionen

Mit ihrer außerordentlich freundlichen und entgegenkommenden Art gelang es den beiden Referenten die lernbegierigen Karateka zu begeistern. Der unternehmungslustige Karatepionier Fritz Nöpel, der vor 50 Jahren mit dem Fahrrad über den nahen Osten und Südasien bis nach Japan gereist ist und mit einer Japanerin verheiratet ist, betonte die gemeinsamen Wurzeln aller Karatestile. Er mahnte mittels einiger Anekdoten immer wieder zu den Ursprüngen der Selbstverteidigung nach China zu schauen. Aus Nord- und Südchina ab dem 16. Jhd. nach Okinawa gebracht, entwickelten sich dort 3 Cluster an hocheffektiven Karatestilen. Allen gemeinsam ist die Absicht, sich notfalls auch ohne Waffen, an die Art des Angriffs angepasst, verteidigen zu können.

Der in Deutschland höchstgraduierte Karateka legte dar, dass in der Realität Packen, Greifen, Schubsen, Schlagen und Treten als Angriffe vorkommen. An anschaulichen Beispielen machte er deutlich, dass bei der Selbstverteidigung effektiv nur aus einer Nahdistanz heraus mit einer stabilen Beinstellung gekämpft werden kann. Die Chance des Uke in jeder Stilrichtung liegt im Hineingehen in den Angreifer, genauso wie der Angreifer auf der Straße mit scheinbar harmlosen Tricks versucht in die Nahdistanz des Opfers zu kommen. Aus dieser "alltäglichen" realitätsnahen Entfernung heraus hat man naturgemäß die meisten Techniken und Waffen zur Verfügung; nicht nur der Angreifer, auch der Verteidiger. Nur einen langen Zuki oder Keri kann man bei der SV selten gebrauchen.

Als aktive Elemente gehören zur Kampfkunst die geistige Einstellung, die Verteidigungsstrategie und Takitk, die besonnene schnelle Reaktion, die Wahl der richtigen Konterwaffen, die Wahl der Distanz, der Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung und das Bearbeiten des richtigen Ziels bzw. das kontern auf Atemi-Punkte. Der Karate-Meister demonstrierte wie früher auf das Konterziel angepasst die sechs Ji-Hände geformt wurden und ging auf Beispiele aus dem Bubishi ein. Es geht darum, in die richtige Körperregion mit der richtigen Stelle der offenen oder geschlossenen Hand, des Fußes oder anderer Körperecken im Zusammenhang mit der energetisch richtigen Stellung und des passenden Kiais zu kontern; ohne Schnörkel und Akrobatik. Wenn es sich ergibt, sind Griffe in die Haut, zwischen die Muskeln, in die Kleidung, Haare oder Kehle äußerst vorteilhaft. Auch Wurftechniken gehören zum ursprünglichen Karate aller Stile. Ein Kampf muss innerhalb von 2 Sekunden entschieden sein. Der Notwehrparagraph erfordert es, besonders von einem Schwarzgurt, dem Ernst der Lage gemäß abgestuft, ggf. nur mit Hebelketten und Würfen, kontern zu können.

Senchin Bunkai

Herr Nöpel und Torsten Kata Seenchin Bunkai

Bei der Analyse der Kata,
(egal welcher Stilrichtung)
als Bunkai in Form von Griffe, Würfe, Hebel und Schläge, ist die vorhergehende und die nachfolgende Technik incl. der Beinstellungen zu betrachten.

Wenn ein 9. Dan all dies so betont, dann sollte man immer wieder über diese Worte nachdenken und für sich daran arbeiten.

Es wurde in getrennten Gruppen unter der Anleitung der beiden äußerst kompetenten Referenten im Partnertraining mittels Greif, Hebel-, Schlag-, Tritt- und Wurftechniken geübt.

Ein Karatelehrer kann seinen Schülern eine Auswahl an verschiedenen Techniken geben und den Rat, passend zum Alter, Statur und Größe gewisse Techniken eingehender für sich zu üben. Torsten Struwe griff diese Themen auf und intensivierte die Partnerübungen zu längeren, hochwirksamen Konterketten, die im Goju Ryu immer wieder als Kumite - Kumite ura und Nage Waza - geübt werden. Der Referent verstand es gut, die für die anderen Karatestile ungewohnten Technikfolgen darzustellen und die Übenden zu korrigieren.
Kumite Ura Nr. 2
Torsten Struwe bei der Erläuterung
der Kumite Ura Nr. 2



Im Anschluss an den Lehrgang fand eine Goju Ryu Danprüfung, wenn man so will die dritte Danprüfung in den heiligen Hallen der SGS, statt. Anders als beim Shorin Ryu Shotokan-Stil sind beim Goju Ryu die Danprüfungen öffentlich. Das war laut Fritz Nöpel früher bei allen Stilen Usus.

Fazit: Viel zu schnell ging ein rundum schöner Lehrgang mit fast 80 Teilnehmern zu Ende; nicht zuletzt wegen des tiefgründigen Wissens und des Verständnisses für Kampfkunst bei den Referenten, des schönen zeremoniellen An- und Abgrüßens und der reichhaltigen Verpflegung in Form eines Buffets. Wir sind sicher, dass wir uns im nächsten Jahr wieder treffen werden. Ein Jahr voller spannender Lehrgänge in angenehmer Atmosphäre steht der Karatewelt bevor, denn 2012 - im chinesischen Jahr des Wasser-Drachens - feiert SGS Erlangen Karate 20-jähriges Jubiläum.

Karl-Heinz Rudolf
Vorsitzender der SGS Karateabteilung


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