Selbstverteidigung mit Deutschlands höchstem Schwarzgurt in Erlangen
Zum 5. Mal richtete das Karatedojo F.C. Großdechsendorf e.V. einen durch den GKD geförderten Lehrgang mit Hanshi
Fritz Nöpel, 9. Dan und Torsten Struwe, 4. Dan aus. Wieder reisten viele Schwarz- und Braungurte nach Erlangen.
Für den Lehrgang nahmen einige Teilnehmer Fahrtzeiten von über 4 Stunden in Kauf, sogar aus Österreich durften wir
Karatekas begrüßen. Das machte die besondere Lernatmosphäre dieses Kampfkunst-Lehrgangs aus.
Lehrgangsteilnehmer 2015
Mit seiner außerordentlich freundlichen, entgegenkommenden Art gelang es Fritz Nöpel, der sich als Karate-Lehrer
statt als Trainer versteht, die lernbegierigen Karatekas zu begeistern. Der unternehmungslustige Karatepionier
betonte die gemeinsamen Wurzeln aller Karatestile. Er mahnte mittels einiger Anekdoten immer wieder zu den Ursprüngen
der Selbstverteidigung nach China zu schauen. Aus Nord- und Südchina ab dem 16. Jhd. nach Okinawa gebracht,
entwickelten sich dort 3 Cluster an hocheffektiven Karatestilen. Allen gemeinsam ist die Absicht, sich notfalls
auch ohne Waffen, an die Art des Angriffs angepasst, verteidigen zu können, egal ob man als Verteidiger vermeintlich
"klein oder schwach" ist. Er ging im Mondo auch besonders auf die 12 Fäuste und die unterschiedlichsten Abwehr-
techniken, sowie auf die vier unterschiedlichen Trefferzonen ein.
DDer in Deutschland höchstgraduierte Karateka legte dar, dass in der Realität Packen, Greifen, Schubsen, Schlagen
und Treten als Angriffe vorkommen. Hierbei soll man jedoch die Angriffe in zwei Kategorien unterteilen. In
bedrohliche und weniger bedrohliche "Angriffe" (Belästigungen), denn hier bieten die Katas auch Hinweise, wie man
diesen beiden Formen begegnet. Diese ist das Gojin - Jitsu (erfolgreiche Verteidigung, ohne den Gegner zu verletzen)
und das Jissen - Jitsu (erfolgreiche Verteidigung, um den Gegner kampfunfähig zu machen). Die San Seru beginnt
z. B. mit einer Gojin - Jitsu Form während die Sai Fa mit der Jissen - Jitsu Form beginnt.
An anschaulichen Beispielen machte er deutlich, dass bei der Selbstverteidigung effektiv nur aus einer Nahdistanz
heraus mit einer stabilen Beinstellung gekämpft werden kann. Die Chance des Uke in jeder Stilrichtung liegt im
Hineingehen in den Angreifer, genauso wie der Angreifer auf der Straße mit scheinbar harmlosen Tricks versucht in
die Nahdistanz des Opfers zu kommen. Aus dieser "alltäglichen" realitätsnahen Entfernung heraus hat man naturgemäß
die meisten Techniken und Waffen zur Verfügung; nicht nur der Angreifer, auch der Verteidiger. Nur einen langen Zuki
oder Keri kann man bei der SV selten gebrauchen. Und wenn, dann sollte ein Zuki ohne Spezialkenntnisse keinesfalls
auf den Bauch gerichtet werden. Jedenfalls sollte ein SV-Lehrer seinen Schülern einen Schlag auf den Bauch nie als
Selbstverteidigung verkaufen. Er mahnte auch davor als Karateka in den Bodenkampf einzusteigen, hier sind andere
Kampfstile eher im Vorteil. Man sollte sich mit diesen Dingen durchaus auseinander setzen aber Karate ist immer
noch geprägt durch Schläge, Tritte und Stöße.
Als aktive Elemente gehören zur Kampfkunst die geistige Einstellung, die Verteidigungsstrategie und Taktik, die
besonnene schnelle Reaktion, die Wahl der richtigen Konterwaffen, die Wahl der Distanz, der Wechsel zwischen
Anspannung und Entspannung und das Bearbeiten des richtigen Ziels bzw. das Kontern auf Atemi-Punkte. Es geht darum,
in die richtige Körperregion mit der richtigen Stelle der offenen oder geschlossenen Hand, des Fußes oder anderer
Körperteile im Zusammenhang mit der richtigen Stellung und des passenden Kiais zu kontern. Wenn es sich ergibt,
sind Griffe in die Haut, zwischen die Muskeln, in die Kleidung, Haare oder Kehle äußerst vorteilhaft, Wurftechniken
und Hebel gehören ebenfalls zum ursprünglichen Karate aller Stile. In den Katas üben wir all das. Höhere Kyugrade
sollen anders trainieren und auch ein paar "Tricks" auf Lager haben.
Ein Karatelehrer muss seinen Schülern die ganze Auswahl der verschiedenen Techniken geben und ihnen dann mit Rat
beistehen, um aus diesen, die zum Alter, Statur und Größe passenden Techniken auszuwählen und eingehender zu üben.
Leder ging ein phänomenaler Lehrgang wieder zu schnell zu Ende. Wir bedanken uns. Bis zum nächsten Jahr.
Valerie
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