Zweikampftechniken hat es zu allen Zeiten gegeben. Seit Menschengedenken musste man sich stets untereinander messen, sei es
in kriegerischer Auseinandersetzung oder als sportlicher Vergleich. Sowohl auf altägyptischen Wandmalereien wie auf guterhaltenen
griechischen Amphoren lassen sich Darstellungen von Zweikampfszenen finden, die belegen, dass jede Kultur ihre eigenen Ausprägungen
von Kampftechniken hatte.
Karate bedeutet wörtlich: leere (unbewaffnete) Hand. Unter dieser japanischen Bezeichnung ist die Kunst der waffenlosen Selbstverteidigung
weltbekannt geworden. Und dennoch stammt Karate ursprünglich nicht aus Japan. Vielmehr ist China als die Wiege des heutigen Karate
anzusehen. Von dort aus gelangte es über Okinawa nach Japan. Den japanischen Karate-Lehrern aber ist es vor allem zu verdanken, daß Karate
heute weltbekannt ist.
Die Ursprünge des Karate gehen bis ins sechste Jahrhundert n. Chr. zurück. Es wird gesagt, dass Bodhidarma, der 28. Nachfolger Buddhas,
die Mönche des Shaolin Klosters im Zen-Buddhismus und in gymnastischen Kampfübungen unterrichtete. Das Kloster Shaolin liegt in der Provinz
Honan, in der Nordhälfte Chinas. Shaolin wird heute als Ausgangspunkt für die Entstehung der chinesischen Kampfkünste angesehen. Das
Shaolin-Kloster wurde im Laufe seiner Geschichte mehrere Male durch die jeweiligen politischen Machthaber zerstört, die Mönche wurden getötet
bzw. vertrieben. Die Mönche, die fliehen konnten, sorgten für das überleben der Shaolin-Techniken.
Im Laufe vieler Jahrhunderte bildeten sich verschiedene Richtungen der Kampfkünste heraus. So unterscheidet man zwischen Wai-Chia (äußere, harte Schule)
und Nai-Chia (=innere, weiche Schule). In den nördlichen Provinzen Chinas wurden andere Techniken trainiert als im Süden des Landes, nicht zuletzt
bedingt durch unterschiedliche Lebensumstände und geographische Gegebenheiten. Die Grenzen zwischen den verschiedenen Richtungen sind fließend,
man findet in jedem Stil auch Elemente der anderen Richtungen. Der Oberbegriff für alle dem heutigen Karate ähnlichen chinesischen Kampfkünste ist
Ch'uan-fa (Kung-Fu oder japanisch: Kempo).
![]() Hojun Miyagi (1888 - 1953) |
Seit etwa dem 14. Jahrhundert bestand in Okinawa eine Selbstverteidigungskunst, die man Tode nannte.
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Zu Beginn des achtzehnten Jahrhunderts, nachdem sich die Spannungen zwischen Okinawanern und Japanern abgeschwächt hatten, bildeten
sich drei führende Schulen: Shuri-Te, Naha-Te und Tomari-Te (benannt nach den drei Städten Shuri, Naha und Tomari). Die Stile
aus Shuri und Tomari bezeichnete man als Shorin-Ryu.
Das Karate aus der Stadt Naha, das Naha-Te, wurde auch Shorei-Ryu genannt.
Einer der ersten bekannten Lehrer des Shorei-Ryu war Kanryo Higashionna. Einer seiner Schüler, Chojun Miyagi (1888-1953) , gilt heute
als der Begründer des Goju-Ryu Karate.
Im Jahre 1921 machte Gichin Funakoshi (er gilt als Begründer des Shotokan-Karate) zum ersten Mal eine Demonstration des Karate
in Japan.
Danach folgten auch andere Karate-Lehrer aus Okinawa seinem Beispiel, z.B. Miyagi, Mabuni u. a. Goju-Ryu gilt
heute als eines der vier großen Japanischen Karate-Systeme, neben dem Shotokan, dem Shito-Ryu und dem Wado-Ryu.
Der Name des Systems Goju-Ryu (=harter und weicher Stil) bringt Miyagis in den verschiedensten Stilrichtungen
gemachte Erfahrungen zum Ausdruck. Er selbst hielt sich auch mehrer Jahre in China auf und ist entsprechend stark von den dortigen
Systemen beeinflußt worden.
Er wollte eine Synthese aus harten und weichen Techniken schaffen. Vom Prinzip her bedeutet das,
bezogen auf das Goju-Ryu Karate, einen Angriff hart zu führen, andererseits aber harten Angriffen weich auszuweichen, um dann
eventuell wieder hart zu kontern.
Den Wechsel zwischen hart und weich bzw. zwischen Anspannung und Entspannung gilt es zu beherrschen.
Wird eine Karatetechnik ausgeführt, so versucht der Karateka für den Bruchteil einer Sekunde die gesamte Körperkraft auf einen relativ
kleinen Punkt seiner Gliedmaßen zu konzentrieren, um möglichst viel Energie schockartig auf den Körper des Gegners zu übertragen.
In dem kurzen Augenblick des Kontaktes mit dem Gegner befindet sich der Körper des Ausführenden in einem Höchstmaß an Spannung.
Direkt nach dem Auftreffen wird der Körper sofort wieder entspannt. Je kürzer die Zeit der Anspannung ist, desto größer ist die
Schockwirkung der Technik.
Dieses Prinzip, das Zusammenwirken von harten und weichen Techniken, von Anspannung und Entspannung, wollte Chojun Miyagi in dem Namen
Goju-Ryu zum Ausdruck bringen.
Miyagi starb im Jahre 1953. Er hatte in Japan den bekannten Karate-Meister Gogen Yamaguchi zu seinem Nachfolger erklärt. Miyagi hinterließ
sowohl auf Okinawa als auch in Japan mehrere bedeutende Schüler, u.a. auch Sensei Tomoharu Kisaki. Wie in allen anderen Systemen auch
gibt es heute unter den Goju-Ryu Schulen keine Einigung über die Ausrichtung. So lehnen insbesondere die Nachfolger Miyagis auf Okinawa
das heutige Wettkampfkarate ab.
In Deutschland gibt es seit 1978 den Deutscher Karate Verband (=DKV), der als Dachverband aller großen Stilrichtungen anzusehen ist.
Diesem Verband gehört auch der Goju-Ryu Karate Bund Deutschland (=GKD) an.
(Quelle: Goju-Ryu Karate-Do, ISBN 3-00-001342-3)